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Ende des 2. Weltkriegs: Nicht nur Befreiung

Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine ein neues Licht auf die Geschichte wirft.

 
Der 2. Weltkrieg wurde vor vielen Jahrzehnten beendet, doch er ist immer noch ein Teil unserer Gegenwart. In Russland wird er für die Begründung des Überfalls auf die Ukraine propagandistisch missbraucht, der Sieg der UdSSR über Nazi-Deutschland wird zur Grundlage der modernen russischen Staatlichkeit umgedeutet und soll Putins Regime und seine Ansprüche an die Welt legitimieren. Gleichzeitig rufen die Taktik und die Verbrechen der russischen Armee in der Ukraine Erinnerungen an das Vorgehen der sowjetischen Armee im 2. Weltkrieg hervor: Immense Verluste auf der eigenen Seite, Gewalt gegenüber der Bevölkerung der eroberten Gebiete, politische Repressalien und Plünderungen. Für die von der UdSSR besetzten Länder bedeutete das Kriegsende den Anfang einer neuen Unterdrückung. Die sowjetischen Denkmäler waren wichtige Symbole und sogar Instrumente der sowjetischen Herrschaft. Heute werden sie, vor allem am 8./9. Mai, von prorussischen Kräften dazu genutzt, die Unterstützung für Russlands Regime und seine Kriege zu demonstrieren. Wie geht man mir diesem Erbe um? Wie kann eine neue Erinnerungskultur aussehen? Welche Lektionen müssen neu gelernt werden? Darüber sprachen wir mit der Autorin Helga Kurzchalia und dem Historiker Jan Claas Behrends.

 

Teilnehmer*innen: 

Prof. Dr. Jan Claas Behrends
forscht zu Diktaturen und Gewaltherrschaft in Osteuropa. Er studierte an der Freien Universität Berlin, an der Humboldt-Universität, an der University of Wisconsin und an der Lomonossow-Universität Moskau. Er promovierte mit dem Thema „Die erfundene Freundschaft: Propaganda für die Sowjetunion in Polen und in der DDR“ an der Universität Potsdam. Er ist Verfasser und Herausgeber vieler Schriften über sowjetische und russische Diktatur. Seit 2014 beschäftigt er sich mit dem Krieg in der Ukraine und der Krise der russischen Staatlichkeit. Im März 2022 wurde Behrends auf die gemeinsame Professur „Diktatur und Demokratie. Deutschland und Osteuropa von 1914 bis zur Gegenwart“ der Universität Viadrina (Frankfurt-Oder) und des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam berufen.

Helga Kurzchalia
ist Schriftstellerin und in Ostberlin aufgewachsen. Ihre Eltern lernten sich im englischen Exil kennen und kamen 1946 in die sowjetische Besatzungszone, um an einem „neuen Deutschland“ mitzuwirken. Sie studierte Psychologie an der Humboldt-Universität und arbeitet als Psychotherapeutin und Autorin. Zuletzt ist ihr Buch „Haus des Kindes“ in der Friedenauer Presse bei Matthes & Seitz erschienen. Sie absolvierte mehrere längere Aufenthalte in der ehemaligen Sowjetunion, sowie in Russland und Georgien.

 

Moderator: 

Nikolai Klimeniouk, Journalist und Leiter der Initiative Quorum.

Das Gespräch fand am 10. Mai 2022  in Berlin in den Räumlichkeiten der PANDA platforma statt.

 

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